Ist Fleisch systemrelevant?

Ist Fleisch systemrelevant?


Die Corona-Krise zeigt uns gesellschaftliche Probleme wie in einem Brennglas. Sie zeigt, wie viel
möglich wäre, wenn es eine neue politische, soziale und nachhaltige Kultur gäbe. Kaum sind jedoch in Deutschland die Infektionszahlen gesunken, geht es wieder um den Kampf zwischen „Weiterwie-bisher“ und „Wir müssen die Investitionen nutzen für nachhaltige Themen, die das Klima
schützen und unseren Kindern eine Zukunft ermöglichen“.

In welcher Richtung entwickelt sich unter diesen Rahmenbedingungen unsere Ernährungsweise?
Die Menschen kochen öfter selber und achten vermehrt auf Qualität, aber die extrem hohe Zahl der
Infektionen mit dem Corona-Virus in deutschen Schlachtbetrieben - jetzt aktuell bei der Firma
Tönnies – hat desolate Zustände in der industriellen Landwirtschaft deutlich aufgedeckt und muss
die Regierung zum Handeln zwingen.

Auch die soziale Komponente muss thematisiert werden. Die Arbeiter aus Osteuropa wohnen meist
in Sammelunterkünften und legen die Arbeitswege mit Kleinbussen zurück. [1]
Die derzeit geltenden Hygienestandards werden nicht eingehalten. Die Corona-Krise hat dabei die
mangelhaften Arbeitsbedingungen nicht geschaffen, sondern die bestehende Problematik
aufgedeckt und verschärft.


Was passiert vor dem Schlachthof?

Die Massentierhaltung und die langen Transportwege verursachen unsägliches Leid für die Tiere
und bringen für den Menschen und das Klima vielfältige Risiken.
In Deutschland ist die Landwirtschaft für mehr als 12 Prozent der Treibhausgasemissionen
verantwortlich
. [2]
Zudem birgt Massentierhaltung gesundheitliche Gefahren für uns Menschen: Durch die intensive
Antibiotikagabe an Tieren entstehen multiresistente Keime, [3] die dazu führen können, dass
Menschen an Krankheiten sterben, die bisher mit Antibiotika behandelt wurden. [4]
Der intensive Eingriff des Menschen in die Natur und der enge Kontakt zu Tieren in Wildnis und
Gefangenschaft birgt die Gefahr der Entstehung von Zoonosen. Viren, Bakterien und andere
Erreger, die ursprünglich auf Tieren zu finden sind, werden auf den Menschen übertragen und
können schwere gesundheitliche Folgen haben, da das menschliche System den Erreger nicht
kennt. [5] Geeignete Medikamente und Therapien für neue Infektionen zu finden, ist in der Regel
nur durch lange und intensive Forschung möglich. [6]

Die unhaltbaren Bedingungen in der Massentierhaltung und die Zustände in den zentralisierten
Schlachthöfen müssen politisch und gesellschaftlich zu einem Umdenken, einem
verantwortungsvollen Umgang mit Leben und zur Gesundung von Strukturen führen.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze mahnt immerhin: „Wir müssen aufpassen, wie wir mit der
Natur umgehen. (…) Es geht darum, den Wildtieren künftig den Platz und die vielfältigen
Ökosysteme zu geben, die sie brauchen, damit Mensch und Tier einen gesunden Abstand
zueinander halten können", so Schulze. Aber es gehe auch um nachhaltige Land-, Forst- und
Fischereiwirtschaft: "Dazu müssen wir natürlich auch in Deutschland beitragen, etwa über eine
nachhaltige Agrarpolitik oder über nachhaltige globale Lieferketten." [7]


Worte von Frau Schulze, die nahelegen, dass die Bundesregierung gerade an einem
ausgeklügelten Konzept über nachhaltige Agrarpolitik sitzt?


Nein! Allem Anschein nach wird die Verantwortung wieder allein auf die Verbraucher*innen
abgewälzt, wie Julia Klöckner es auf der Agrarmesse „Grüne Woche“ auch schon getan hat – ohne
die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Lebensmittel so gekennzeichnet sind, so dass die
Verbraucher*innen überhaupt eine mündige Entscheidung treffen können.

Deshalb fordert Parents For Future Germany von der Bundesregierung und auch der EU
Kommission:

  • EU-weite Umstellung auf Biolandwirtschaft
     
  • EU-weite Verteilung von Agrarsubventionen nach Umwelt-und Tierschutzgesichtspunkten
     
  • Förderung regionaler Geschäftsmodelle in der Landwirtschaft (z.B. Solidarische Landwirtschaft)
     
  • Transparente Kennzeichnung von Lebensmitteln in Bezug auf Herkunft, Inhalt und CO2-Bilanz
     
  • Integration der Wertschätzung von Nahrungsmitteln in die Bildung

Durch die EU-Agrarpolitik fließen jährlich fast 60 Milliarden Euro an Subventionen in die
europäische Landwirtschaft. Das sind 114 Euro pro EU-Bürger*in im Jahr.

Mit diesen Subventionen in der EU müssen folgende Verpflichtungen einhergehen:

  • Klimaschutz
     
  • Erhalt von Artenvielfalt und Bodenfruchtbarkeit
     
  • Respektvolle und artgerechte Tierhaltung
     
  • Förderung von kleinen und mittleren Betrieben

Die EU muss in allen Bereichen Hygienestandards gesetzlich festschreiben und diese überwachen,
um die Entstehung multiresistenter Erreger und Zoonosen einzudämmen.

Wir sehen an der Corona-Krise, dass eine Krise eingedämmt werden kann, wenn sie als solche
behandelt wird. Die lebensbedrohliche Klimakrise wird jedoch weiter ignoriert, unter anderem
indem für die industrielle Landwirtschaft die Senkung von Umweltstandards gefordert wird, die
heute schon nicht ausreichend sind.

Wir fordern zudem einen Schulterschluss von Bundesumweltministerium und
Landwirtschaftsministerium: Lassen Sie diese historische Chance nicht verstreichen, die
Landwirtschaft in eine ökologische, soziale und nachhaltige zu transformieren!

#SystemChangeNotClimateChange


[1] https://www1.wdr.de/nachrichten/themen/coronavirus/corona-schlachtbetri…-
100
[2] https://www.greenpeace.de/landwirtschaft-und-klima
[3] https://albert-schweitzer-stiftung.de/aktuell/tierproduktkonsum-pandemi…
[4] https://www.bfr.bund.de/de/nationales_referenzlabor_fuer_antibiotikares…
[5[ https://www.bfr.bund.de/de/zoonosen.html
[6] https://www.zoonosen.net/zoonosenforschung
[7] https://www.tagesschau.de/inland/corona-pandemien-naturschutz-101.html

 

Parents for Future Germany
Eileen Krauße
Tel.: +49 151 51 874 307
presse@parentsforfuture.de
http://www.parentsforfuture.de


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